Jahresinterview mit Kißleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher

Kißleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher blickt im Rahmen eines Jahresinterviews zurück auf das Jahr 2015: auf die größten Herausforderungen und die wichtigsten politischen Themen in der Gemeinde.

Lieber Herr Krattenmacher, was waren für die Gemeinde die größten Herausforderungen in diesem Jahr? Sind Sie zufrieden damit, wie Sie diese bewältigt haben?

Dieter Krattenmacher: Die Flüchtlingsunterbringung und unsere beiden Großprojekte, die Kernortberuhigung Kißleggs und das IKOWA, waren in diesem Jahr ständig präsent. Als kleine Etappe auf dem Weg unsere Ortsmitte künftig lebenswerter zu gestalten wird in den nächsten Wochen unsere Ortsmitte mittels Tempo 30 entlastet werden. Bei anderen Projekten ist es 2015 deutlich besser vorangegangen. Mit dem Neubau und den Sanierungsarbeiten im Schulzentrum sind wir für künftige Herausforderungen gerüstet. Auch das Kindergartenraumangebot wurde verbessert.

Wohl noch nie ist die Bevölkerung so schnell angestiegen, auf nun über 9000 Einwohner. Gründe sind rund 100 Geburten, viele Neubürger und auch 200 Flüchtlinge. Die vergangenen Monate forderten die Mitglieder unserer Gremien sowie die Gemeindemitarbeiter erheblich. Auch der Bevölkerung wurde viel abverlangt. Rückblickend bin ich aber schon ein bisschen stolz, dass wir diese Herausforderungen insgesamt so gut gemeistert und, trotz der Fülle an neuen Aufgaben, auch unser eigentliches Kerngeschäft nicht aus den Augen verloren haben. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Gemeinde Kißlegg eher gestärkt aus diesem Jahr hervorgeht und wir im besten Sinne enger zusammengerückt sind.

Welche Situationen oder Probleme hätten Sie in 2015 lieber nicht erlebt?

Dieter Krattenmacher: Natürlich fällt mir hier der Besuch des Verkehrsministers am Aschermittwoch ein. Binnen Minuten hat er damals unseren über lange Jahre erarbeiteten Konsens zur Ortsumfahrung begraben. Jetzt drängt die Zeit wegen der bevorstehenden Bahnelektrifizierung noch mehr und wir sollten uns rasch mit der Bahnunterführung am jetzigen Bahnübergang anfreunden. Dies erhält uns die Option für eine schrittweise zu verwirklichende Kernortentlastung.

Auch die Hiobsbotschaft über die Schließung des ARLA Milchwerks hätte ich uns gerne erspart. Allerdings bin ich nun wieder sehr zuversichtlich, dass es am Milchstandort Kißlegg unter neuer Führung weitergehen wird.

Was sollte im kommenden Jahr 2016 besser laufen?

Dieter Krattenmacher: Ich fragte mich: Gab es je eine große Diskrepanz zwischen medienwirksamen Regierungserklärungen und deren tatsächlichen Umsetzung? Beispiele sind die Allgäubahnelektrifizierung, der Straßenbau von Kißlegg nach Rempertshofen, die „Hilfen“ zum einfacheren Wohnungsbau und die vielen Ankündigungen zur Verkehrsberuhigung in Kißlegg und an der A96. Hier wünsche ich mir mehr Verlässlichkeit.

Was sind die größten Projekte der Gemeinde für 2016?

Dieter Krattenmacher: Verkehrsberuhigung, Innenstadtsanierung, Breitbanderschließung, Brücken- und Straßenbau im Vorfeld der Bahnelektrifizierung, Kindergartenausbaukonzept und die Erschließung des Baugebiets Becherhalde II mit Schaffung von Wohnraum um nur ein paar Projekte zu nennen. Natürlich hoffe ich auch darauf, dass ich hinsichtlich des Gewerbegebiets unseren Unternehmen endlich Planungs- und Investitionssicherheit geben kann und der Haushalt im Lot bleibt.

Die Lage in Sachen IKOWA ist nach wie vor verfahren. Die Klage läuft noch vor dem VGH, die Zielabweichung ist vom RP genehmigt. Wie wollen Sie die Sache jetzt weiterführen und für alle Seiten zu einem befriedigenden Ergebnis kommen?

Dieter Krattenmacher: Natürlich bin ich erleichtert, dass das Land weiterhin hinter dem IKOWA steht. Nach den Feiertagen werde ich das Gespräch mit dem BUND suchen um die Lage gemeinsam zu erörtern. Sowohl das Thema Naturschutz, als auch das Thema Wirtschaft bauen auf der Akzeptanz der Bevölkerung auf.

Wie meinen Sie das genau?

Dieter Krattenmacher: Durch den großen Zuzug in den vergangenen beiden Jahren haben wir als Gemeinde schmerzlich feststellen müssen, dass es uns an bezahlbarem Wohnraum, Kinderbetreuungseinrichtungen und Arbeitsplätzen mangelt. Wen wir unsere wirtschaftlichen und sozialen Probleme nicht lösen und die kommunalen Finanzen deshalb aus den Fugen geraten sollten, dann würde daran auch die Akzeptanz für den Naturschutz leiden. Ich bin aber zuversichtlich, dass alle Beteiligten zusammenrücken und die Gemeinde nicht vor noch größere Probleme gestellt wird.

Was war ihr persönliches Highlight im vergangenen Jahr?

Dieter Krattenmacher: Sehr gefreut hat es mich, dass die LEADER Geschäftsstelle einvernehmlich ihr zuhause in Kißlegg gefunden hat. Persönlich werde ich wohl das erste FARNY Kristallweizen im neueröffneten Hofgut Dürren am meisten genossen haben.

Welche persönlichen Vorsätze haben Sie für das neue Jahr?

Dieter Krattenmacher: Ich möchte im kommenden Jahr mindestens 50 (Obst)Bäume pflanzen und ansonsten weiter mit viel Freude an meine Aufgaben herangehen.

Die Fragen stammten von Melanie Kräuter, Schwäbische Zeitung.